1991 versammelten sich alle Mitarbeiter eines Mercedes-Benz Autohauses in der Werkstatt. Der Eigentümer und Geschäftsführer verkündete schlechte Nachrichten. 

Audi und BMW überholten im Premiumsegment und setzten den Verkauf der S-Klasse unter Druck. Das Premiumprodukt der Baureihe 140, wie die S-Klasse intern genannt wurde, hatte seit ihrer Veröffentlichung schon genug Probleme. Die S-Klasse sollte Maßstab und Fortschritt  bedeuten. Große Teile der Presse und Kunden lehnten das Fahrzeug jedoch ab. Zu groß, zu klobig, nicht zeitgemäß. Eine Zeit der Öl-Krise und der saure Regen der unsere Wälder belastete, verlangte eigentlich nach einem „moderneren“  Produkt. Doch das größte Problem war etwas ganz anderes.  

Bis zu 15 % Rabatt auf den Kaufpreis

Die folgenden Worte der Autohausbesitzer waren alles andere als gut. „…einige Händler geben auf die S-Klasse 15 % Rabatt“,  und er legte noch nach: „Das können wir uns nicht leisten“. Er bereitete seine Mitarbeiter auf schwere Zeiten vor. Im schlimmsten Fall müsse man sich verkleinern. Es war wichtig, diesen Rabattkampf nicht auf Kosten des Unternehmens, auf Kosten der Mitarbeiter zu führen. Es war klar, wir müssen alles tun, um eine Rabattschlacht abwenden zu können. Doch das war alles andere als einfach. Ein Produkt, das die Mehrheit in Deutschland ablehnt. Negative Medien und zu guter Letzt, eigene Produkt- und Entwicklungsfehler machten das Vorhaben so gut wie unmöglich. Doch sie durften nicht scheitern.  

Eineinhalb Jahre kämpften die Mitarbeiter im Vertrieb und im Service um denen Kunden. Der Rabattkampf wurde nicht aufgenommen. Zum Unmut vieler Verkäufer. Die Kunden beschwerten sich über die hohen Preise und legten auch Angebote vom Wettbewerb vor. Das Ganze wurde noch schwieriger, da eine Niederlassung vom Hersteller grundsätzlich ein 2% niedrigeres Angebot machte, als das privat geführte Autohaus. Die Stückzahlen der S-Klasse rutschten ins Bodenlose. Es gab keinen Termin, der das Thema Rabatt nicht als Thema hatte.

Nach den eineinhalb Jahren gab es wieder eine Versammlung. Die Verluste an Marktanteil und Umsatz der S-Klasse bestätigten sich. Doch dem entgegen, stand der höhere Gewinn. Die S-Klasse steigerte den durchschnittlichen Verkaufspreis extrem. Zudem wechselten viele Kunden zu der E-Klasse oder dem kleinen aber beliebten 190er. Alle Fahrzeuge steigerten Ihren durchschnittlichen Verkaufspreis. Kunden gaben somit mehr Geld, für mehr Auto aus. Mehr Auto hieß nur eben nicht auch größer. Viele E-Klassen hatten einen unglaublichen Verkaufspreis von knapp 100.000 D-Mark.

Das Autohaus investierte einen Teil in die Arbeitsplätze und das Gebäude. Eine eigene Wasseraufbereitung und Schulung und Bildung der Mitarbeiter. Langfristiger Erfolg stellte sich ein. Was wäre passiert, wenn das Autohaus in den Rabattkampf und somit in die Rabattspirale eingetreten wäre? Wir können es nur vermuten. 

Es spielt nicht nur der Preis oder Qualität eine Rolle, ob ein Unternehmen erfolgreich ist. Es liegt an anderen Faktoren.

Kapitel 2: Mein Haus, mein Auto, mein Rabatt